Shangri-La im Exil: Darstellungen tibetischer Identität und transnationale Kultur¹

Toni Huber
Institut für Asien- und Afrikawissenschaften Humboldt-Universität Berlin

Einführung

In den vergangenen zehn Jahren verbreitete die tibetische Exilgemeinschaft in zahlreichen Publikationen und Pressemitteilungen eine Reihe von Behauptungen über die grundlegende Identität der Tibeter und den Charakter ihrer traditionellen Gesellschaft und Kultur. Darunter finden sich Aussagen wie: »Die Tibeter sind ein grundsätzlich friedfertiges und gewaltfreies Volk, das nie eine eigene Armee besaß«, oder »Ökologisches Bewußtsein ist ein inhärenter Aspekt der tibetischen Kultur«, oder »Frauen besaßen im traditionellen Tibet einen deutlich gleichwertigeren Status als in anderen asiatischen Gesellschaften«. Solche scheinbar unschuldigen und vielleicht sogar verführerischen Klischees und die sie unterstützenden Texte haben oft wenig bis gar nichts mit sogenannter »Tradition« und ihrer Fortführung in der Zeit des Exils nach der Flucht von 1959 gemeinsam.

Tatsächlich sind diese rückwirkend auch auf die Vergangenheit bezogenen, politisierten Ansichten zu tibetischer Kultur und Identität neu und ausgesprochen modern. Sie sind als Ergebnisse einer komplexen, transnationalen Identitätspolitik zu verstehen, innerhalb derer Gruppen wie die Exiltibeter, die Sherpas oder die Bhutanesen sich zunehmend selbst darstellen, bzw. von anderen dargestellt werden.²

Dies ist eine ganz neue Entwicklung, die in den Selbstdarstellungen der tibetischen Exilgemeinschaft erst seit Mitte der 80er Jahre zum tragen kommt. Es ist wichtig festzuhalten, daß solche Aussagen über Tibetische Identität aus dem begrenzten Milieu des tibetischen Exils erwachsen, und eher eine Reaktion auf die Erfahrung der Exilsituation als auf die der Kolonisierung sind. Folglich sind solche Bilder, obwohl sie in der Exilgesellschaft kursieren und mittlerweile weltweite Verbreitung erfahren haben, ironischerweise doch sehr begrenzt: Unter den mehr als 95% der ethnischen Tibeter, die heute innerhalb der politischen Grenzen Chinas leben, spielen sie praktisch überhaupt keine Rolle.

Ich möchte im folgenden nicht untersuchen, inwiefern gegenwärtige exiltibetische Identitätsaussagen und -ansprüche tatsächlich Gültigkeit besitzen, obwohl es sicherlich angebracht wäre, daß Tibeter wie Nicht-Tibeter entsprechende Aussagen einer kritischen Betrachtung unterziehen und sie im Zweifelsfalle dann auch anfechten würden. Die vorliegende kurze Untersuchung beschäftigt sich vor allem mit den Darstellungsformen und der Entwicklungsgeschichte dieses neuen Typus tibetischer Selbstdarstellung. Dabei werde ich die Art und Weise, wie diese Formen von der Exilgeineinschaft angewendet werden, näher untersuchen.

Im folgenden Aufsatz werde ich die folgenden vier Punkte behandeln:

  1. Die Exiltibeter haben von sich selbst eine Art modernes, liberales Shan­gri-La neu erfunden. Dieses neueste Selbstbild der tibetischen Exilgemeinschaft basiert auf zwei verschiedenen Arten von Diskursen, deren erste sich aus den drei machtvollen -ismen der frühen Moderne, dem Kolonialismus, dem Orientalismus und dem Nationalismus entwickelte. Die zweite Art von Diskurs leitet sich aus liberalen sozialen und Protestbewegungen ab, die vor allem im industrialisierten Westen entstanden, aber mittlerweile weltweit an Ausmaß und Anziehungskraft gewonnen haben: Umweltbewußtsein, Pazifismus, Menschenrechte und Feminismus.
  2. Diese neuen Identitätsvorstellungen entstanden nicht plötzlich durch eine allgemeinen Bewußtseinsveränderung unter der Mehrheit der tibetischen Exilbevölkerung. Ihre Entstehung ähnelt vielmehr der der meisten Identitätsvorstellungen neu aufkommender Nationalismen in einer sich stets entwickelnden Welt. In diesem Falle sind sie weitgehend eine Schöpfung der exiltibetischen politischen und intellektuellen Elite. Diese kleine Gruppe gut ausgebildeter und kosmopolitischer Tibeter hat sich während ihres erzwungenen langjährigen Kontaktes mit der modernen Welt ein breites Repertoire moderner Selbstdarstellungsstile und -Strategien geschickt angeeignet.³
  3. Den ersten Anstoß zur Entwicklung einer modernen tibetischen Identität lieferte die Erfahrung der Diaspora. Jedoch fügte die exiltibetische Elite diese neuen Selbstbilder erst dann zu einem Ganzen zusammen, als sie zu der weltweiten Produktion und dem Fluß von kulturellen Ressourcen und Institutionen, die von dem gegenwärtigen transnationalen Umfeld angeboten werden, Zugang gewonnen und sich diese in großem Maß angeeignet hatte.⁴
  4. Der Mythos Tibet wurde historisch gesehen vom Westen geschaffen. Jedoch stellen neue exiltibetische Identitätsansprüche zumindest teilweise eine Aneignung des westlichen Diskurses durch den objektivierten tibetischen »Anderen« und deren schöpferische Reflektion zurück auf den Westen dar. Gerade wegen dieses Feedbacks wirken solche Identitätsbehauptungen der Exiltibeter im Westen so anziehend und werden daher vielfach so unkritisch übernommen.

Als Hauptbeispiel möchte ich die Konstruktion einer umweltbewußten tibetischen Identität untersuchen. Ich wähle dieses Beispiel, weil es eine der ersten dieser öffentlich dargestellten neuen Formen von Exilidentität war und seitdem besonders ausführlich artikuliert worden ist.⁵

Ähnliche soziale Kräfte sind jedoch auch bei der Entwicklung exiltibetischer Projektionen von einem gewaltlosen oder pazifistischen und geschlechter-gleichen Tibet am Werk. Im folgenden möchte ich einige spezifische Ausdrucksweisen dieser Identitätsformen analysieren.

Stil und Inhalt: Das Beispiel der umweltbewußten Tibeter

Der Stil wie auch die Entwicklungsgeschichte tibetischer Identitätsaussagen sind – gelinde gesagt – komplex. Diese Komplexität spiegelt zum Teil die Vielfalt der Diskurse wieder, auf denen sich die Konstruktion dieser neuen Identitätsformen aufbaut. Sie leitet sich außerdem von den Absichten der politischen und intellektuellen Elite im Exil ab, eine spezifische Gemeinschaft von Sympathisanten zu erschaffen, ausgerichtet auf ein liberales westliches, nicht­tibetisches Publikum potentieller Unterstützer, und mit dem Ziel eines internationalen Kampfes um die Befreiung Tibets vom chinesischen Kolonialismus. Der Stil und die Verwendung einer neuen ökologischen, umweltbewußten Identität bieten ein gutes Beispiel hierfür.

In den 90er Jahren ist die Heraufbeschwörung einer umweltbewußten tibetischen Identität fast schon zum obligatorischen Bestandteil öffentlicher Darstellungen der Tibet-Frage geworden. Solche Darstellungen finden sich in protibetischer politischer Literatur, vor allem aber in einer ganzen Reihe zunehmend professionell aufgezogener Publikationen der tibetischen Exilregierung im indischen Dharamsala. Ausgehend von diesen Quellen wurden sie weltweit in den internationalen Medien verbreitet. So veröffentlichte eine führende deutsche Tageszeitung im vorletzten Jahr ein typisches Beispiel solcher exiltibetischer Identitätsaussagen:

[In Tibet] prägte der Buddhismus den Alltag … Pflanzen, Tiere und die ›unbelebte‹ Natur waren den Tibetern ebenso wichtig und wertvoll wie die Menschen. Die Tibeter waren stets bemüht, das ökologische Gleichgewicht, von dem auch sie sich abhängig sahen, zu bewahren … ›Nachdem wir [Tibeter] viele Jahrhunderte so gelebt haben, ist es für uns schwierig geworden, zwischen Religionsausübung und der Sorge für die Umwelt zu unterscheiden.‹⁶

Dieser Auszug exemplifiziert den grundsätzlichen Stil solcher Aussagen über eine umweltbewußte tibetische Identität.⁷ Vor allem fällt jedoch auf, daß das inhärente Vorhandensein eines bestimmten Typus von traditioneller Weltanschauung oder Werten und Verhaltensweisen betont wird. Diese werden dann immer durch völlig moderne Konzepte und Begriffe wie »ökologisches Gleichgewicht« und »Umweltschutz« ausgedrückt. Außerdem rückt der Buddhismus als neuerrichtete Hauptsäule des zeitgenössischen tibetischen Nationalismus in den Mittelpunkt, so als ob der Buddhismus die Quelle dieser in Anspruch genommenen Identität sei.

In anderen Exildarstellungen wird großspurig behauptet, dieser umweltorientierten tibetischen Identität komme weltweit und durch alle Zeiten hindurch eine hervorragende Stellung zu:

Das über 3.000 Jahre alte traditionelle tibetische Erbe ist als eine der bedeutendsten Traditionen der Welt anzusehen, innerhalb derer die Menschheit und ihre natürliche Umwelt stets in vollkommener Harmonie gelebt haben.⁸

Die Kehrseite dieser Behauptung, diese umweltbewußte Identität sei alt und traditionell, ist allerdings, daß gleichzeitig auch ihre gegenwärtige Gültigkeit demonstriert werden muß, weshalb wiederholt dargelegt wird:

Es gibt eine spezifische Verbindung zwischen den Sitten des alten Tibet und zeitgenössischem Umweltschutz.⁹

Insbesondere wird Tibetern ein systematisches und reflexives »ökologisches« Bewußtsein zugesprochen, das dem jüngst in der westlichen Wissenschaft entwickelten gleicht. Darüberhinaus wird von diesem Bewußtsein behauptet, es habe seit langem beim Umgang mit großräumigen, regionalen Ökosystemen Anwendung gefunden:

Wir Tibeter waren uns schon immer der voneinander abhängigen Natur dieser Welt bewußt. Wir wissen, daß … Tibets Umwelt für den größten Teil Asiens schon immer von höchster Bedeutung war. So wurde Tibets Ökosystem seit Jahrhunderten aus einer allgemeinen Sorge um die ganze Menschheit im Gleichgewicht gehalten.¹⁰

Solche Texte wirken ausgesprochen anachronistisch, aber laut einigen Exiltibetern liegt der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Gültigkeit dieser alten Traditionen im Buddhismus. Zahlreiche Behauptungen wie die folgende belegen dies:

Sowohl die Wissenschaft als auch die Lehre des Buddha reden von der grundlegenden Einheit aller Dinge. Wenn wir positiv und maßgeblich auf die äußerst dringliche weltweite Umweltproblematik einwirken wollen, ist es von höchster Bedeutung, dies zu verstehen.¹¹

Ausdrücke wie »gegenseitige Abhängigkeit« oder »grundlegende Einheit aller Dinge« werden in exiltibetischen Verweisen auf die wissenschaftliche Gültigkeit der tibetischen Kultur und des Buddhismus häufig verwendet, gleichgültig, ob es um moderne Ökologie, Teilchenphysik, Kosmologie oder Psychologie geht.

Der Kontakt mit dem Westen und die Folgen

Es ist verlockend, diesen Repräsentationsstil als populäre Begriffsterminologie der New Age-Bewegung zu verstehen und damit seine Urheberschaft in den Westen zu verlagern.¹² Dies wäre auch teilweise berechtigt, da westliche Gegenkulturbewegungen seit den 60er Jahren vor allem in der »Exilhauptstadt« Dharamsala einen starken Einfluß auf exiltibetische Intellektuelle ausgeübt haben. Für die Exiltibeter als einer modernen, südasiatischen buddhistischen Gemeinschaft müssen allerdings weiter zurückreichende Genealogien in Betracht gezogen werden. Solche Identitätskonstruktionen wurzeln in fast einem Jahrhundert dessen, was Heinz Bechert so treffend als »buddhistischen Modernismus« bezeichnet hat. Hier dürfte es angebracht sein, einige der wichtigsten Merkmale aufzuführen, die Professor Bechert dem buddhistischen Modernismus als einem sozialen Phänomen zuordnet:

  • die Reinterpretation des Buddhismus als essentiell rationale Religion
  • die Vorstellung, daß der Buddhismus eine natürliche Grundlage für die unterschiedlichsten sozialen Reformen biete, sowie
  • die enge Verbindung zwischen dem Buddhismus und dem sich in Sudasien entwickelnden Antikolonialismus und Nationalismus.¹³

Die koloniale Begegnung zwischen südasiatischen Buddhisten und Westlern führte zu einer Reihe von Interpretationen des Buddhismus als sogenannte »Weltreligion«. Im Mittelpunkt dieser neuen Interpretationen stand die Ansicht, der Buddhismus sei ein rationales, undogmatisches System, das dem modernen wissenschaftlichen Rationalismus ähnlicher sei als z.B. dem Christentum. Das brachte mit sich, daß nahezu alle »abergläubischen« und traditionellen rituellen Elemente volksreligiöser Praktiken in asiatisch-buddhistischen Gesellschaften als Verfälschungen oder Verzerrungen abgetan werden mußten. So behaupteten sowohl der Orientalist wie auch der moderne asiatische Buddhist, der »authentische« oder »ursprüngliche« Buddhismus bestehe aus Philosophie, Psychologie und Meditation. Auf dieser Basis konnten moderne Buddhisten eine Verbindung zwischen dem augenscheinlich rationalen Charakter des Buddhismus und der modernen wissenschaftlichen Weltanschauung herstellen.

Insbesondere seit den 70er Jahren verbreitete die von der Gelugpa-Sekte dominierte Dharamsala-Elite weltweit einen sorgfältig gereinigten Repräsentationsstil des tibetischen Buddhismus im Sinne des buddhistischen Modernismus. Dabei wurde auch versucht, die Gültigkeit des tibetischen Buddhismus in der modernen Zeit u.a. durch die »Erforschung« seiner Ähnlichkeiten mit der Wissenschaft zu legitimieren. In dem noch vor weniger als einem halben Jahrhundert reaktionär und antimodernistisch dominierten, politischen und religiösen Milieu Tibets wäre eine solche Interpretation völlig undenkbar gewesen. Diese Tatsache wird reichlich durch den brutalen Empfang von Personen wie Gendün Chömphel im Lhasa der Mitte des 20. Jahrhunderts belegt, die, inspiriert durch den buddhistischen Modernismus, versuchten, die tibetische Tradition zu reformieren. Doch in der Folge der Kolonisierung und der Diaspora griffen einige Exiltibeter den buddhistischen Modernismus durch Kontakte mit internationalen buddhistischen Foren auf. Dort stellten wortstarke südasiatische buddhistische Modernisten, wie die Theravadins aus Sri Lanka, immer wieder Verbindungen zwischen dem Buddhismus und der Wissenschaft her.¹⁴ Als das Thema Umweltbewußtsein in den 80er Jahren in der Exilgesellschaft ins Gespräch kam, war es dann ein leichtes, mittels eines der wissenschaftlichen Ökologie entlehnten Vokabulars Behauptungen über eine umweltorientierte Tradition und Identität aufzustellen.

Das ist noch nicht alles, was die Tibeter vom buddhistischen Modernismus und dem internationalen Buddhismus über die Konstruktion von Identität lernten. Die jüngst ins Exil geflohenen Tibeter hatten gute Vorbilder: Ihre südasiatischen Nachbarn hatten den Buddhismus bereits zum Symbol der Nation, der sozialen Reformen und des Kampfes gegen kolonialistische Unterdrückung gemacht. Und der internationale Buddhismus war mit Sicherheit eine wichtige Inspirationsquelle für zeitgenössische tibetische Identitätsformen.

Etwa gleichzeitig mit der chinesischen Kolonisation Tibets und der anschließenden Diaspora entstanden neue internationale buddhistische Gruppen wie die World Fellowship of Buddhists (gegr. 1950) und das World Buddhist Sangha Council (gegr. 1966). Die Tibeter nahmen teil an einigen Aktivitäten dieser Organisationen, die ihre Aufgabe darin sahen, »… einen Beitrag zur Lösung der Probleme der heutigen Welt zu leisten«.¹⁵

Besonders das World Buddhist Sangha Council fühlte sich verpflichtet, »sich gegen Kriege und für den Weltfrieden einzusetzen, indem es die buddhistische Botschaft des Mitleids und der Weisheit der Gewalttätigkeit und dem unmoralischen materialistischen Denken entgegenstellt.«¹⁶ Gemäß dieser Zielsetzung wurden später verschiedene Veranstaltungen der Buddhists for World Peace durchgeführt, an denen der Dalai Lama und andere Exilführer teilnahmen. Es bedarf keiner besonderen Vertrautheit mit dem exiltibetischen Diskurs der 80er und 90er Jahre über Weltfrieden und die Projektion einer grundsätzlich gewaltfreien, tibetischen nationalen Identität, um deren direkte Ableitung aus den einige Jahrzehnte vorher innerhalb des internationalen Buddhismus entwickelten Vorbildern zu erkennen. So liegt eine bemerkenswerte Ironie in der kürzlich von einigen exiltibetischen intellektuellen festgestellten Tatsache, daß sich die weitverbreitete, nationalistische – und ausgesprochen gewaltbereite – osttibetische Widerstandsbewegung gegen die chinesische Besatzung als »Freiwillige Armee zur Verteidigung des Buddhismus« bezeichnete.¹⁷ Ich erwähne das hier im Zusammenhang mit den zeitgenössischen Projektionen eines gewaltfreien Tibet, um zu zeigen, wie schnell und effektiv die Exilelite das Bild des tibetischen Buddhismus verändern konnte. Im folgenden werde ich noch ausführlicher auf die Mechanismen solcher Transformationen zu sprechen kommen.

Die Dynamik des Orientalismus

Der buddhistische Modernismus ist nur eine der Grundlagen, die Stil und Inhalt der neuen exiltibetischen Identitätsvorstellungen prägen. Außerdem spielen gewisse dynamische Prozesse aus dem orientalistischen Diskurs eine Rolle, durch die der Mythos Tibet zu seinen Erzeugern auf unterschiedliche Weise zurückkehrt. Ein Aspekt dessen, was manche Wissenschaftler als »postkolonialistisches Dilemma«¹⁸ bezeichnen, besteht darin, die Arten und Weisen zu erkennen, in denen der orientalische »Andere« in essentialistischen Konstruktionen ebenfalls als schöpferisch Handelnder mitgewirkt hat und darüber hinaus jemand ist, der den orientalistischen Diskurs gegenüber der für dominant gehaltenen, objektivierenden Gruppe reflektiert und in Bruchstücken wiederaufbereitet. Die weitverbreitete Erfahrung des Exils unter dem Kolonialismus, während derer einheimischen Eliten aus ihrer Lektüre europäischer Quellen Diskurse wie den des romantischen Orientalismus des 19. Jahrhunderts übernahmen löste des öfteren einen solchen Prozeß aus. Ein berühmtes Beispiel dafür ist natürlich Gandhi, der die Bhagavad Gita zuerst in einer englischen Übersetzung las. Vergleichbare Erfahrungen sind nicht untypisch für die Exiltibeter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Viele Flüchtlinge der jüngeren Generationen, die Tibet kaum oder gar nicht aus eigener Erfahrung kennen und im nachkolonialen Indien oder gar in der Schweiz, in Kanada oder den USA in Unkenntnis ihrer Muttersprache erzogen wurden, haben über Tibet, vor allem die in englischer Sprache verfügbaren Berichte einer früheren Generation europäischer Autoren wie Bell, David-Neel, Harrer, Tucci, Waddell, etc. gelesen.

Ein interessantes Beispiel für die Dynamik des solchermaßen verinnerlichten orientalistischen Diskurses, das auf die Tibeter einen nachweislichen Einfluß ausgeübt hat, ist die antikolonialistische Rhethorik Gandhis. »Gandhis Appell an die größere Spiritualität des hinduistischen Indien im Vergleich zum Materialismus und der Gewalttätigkeit des Westens«¹⁹ ist allgemein bekannt. Gandhi, der Vorbildern wie Vivekananda folgte, übernahm die essentialistischen Begriffe romantischer, orientalistischer Konstruktionen des 19. Jahrhunderts von einem in seinem Wesen »spirituellen« Indien im Gegensatz zu einem grundsätzlich rationalistischen und materialistischen Westen. Ähnliche Formulierungen tauchen immer wieder in tibetischen Identitätsbehauptungen auf. Der Dalai Lama hat des öfteren auf den großen Einfluß Gandhis auf sein eigenes Denken hingewiesen, und Gandhis Autobiographie ist seit ihrer in den 70er Jahren erfolgten Übersetzung ins Tibetische unter Exilintellektuellen weit verbreitet.²⁰ Während exiltibetische Identitätsbehauptungen oftmals direkt Gandhis Werken sowie den romantischen, orientalistischen Tibetvorstellungen folgen, entsprechen sie häufig dem »grundsätzlich spirituellen Wesen« der Tibeter oder ihrer »einzigartigen religiösen Ausrichtung«. Sie monstruieren damit gleichzeitig ein negatives Anderes, das meist in dem seelenlosen Materialismus und der bankrotten Moral des kommunistischen Chinas oder in der Gier und der spirituellen Verarmung des industrialisierten Westen besteht. In einer umweltbewußten tibetischen Identität zum Beispiel ist eine tief verinnerlichte und überlegene Religiosität direkt mit der scheinbaren Zufriedenheit der Tibeter mit materieller Einfachheit, einem Desinteresse an Konsumverhalten und selbst solchen Dingen wie dem nur schwach entwickelten Bergbau im traditionellen Tibet verbunden.²¹ Das Gegenteil all dessen ist das chinesische oder westlich-industrialisierte »Andere«, welches sich durch Umweltzerstörung auszeichnet. Interessant ist hier, daß ein negatives westliches »Anderes« erscheint, denn, ist das logische Gegenteil dieser tibetischen Darstellungen eines umgekehrten Orientalismus ist eigentlich China, das als dominante Kolonialmacht das tibetische religiöse Leben so sehr entwertete. Das moderne verwestlichte Weltbild wird nicht nur durch Gandhi, sondern auch durch eine übernommene westliche Kulturkritik, die implizit in der modernen Umweltbewegung, der romantischen Ethnographie und der Reiseliteratur enthalten ist, zu einem negativen Anderen der zeitgenössischen Exilidentität gemacht.

Ein weiterer Aspekt des in tibetischen Identitätsbehauptungen erscheinenden orientalistischen Diskurses entstammt der, wie Tsering Shakya sie genannt hat, »Reisebericht«-Interpretation Tibets, wie sie sich in vielen westlichen Publikationen findet. Shakya stellte eine zentrale Strategie dieses Stils fest, der sich aus dem Bild und der Rolle der »kargen und reizvollen« Landschaft in diesen Darstellungen entwickelte. Über westliche Reiseberichtautoren sagt er: »Die essentielle Natur des tibetischen Charakters und der tibetischen Philosophie sahen sie als Reflektion dieser Landschaft.«²² Hierin lag die Basis für umweltdeterministische Beschreibungen der tibetischen Gesellschaft, eine seit langem gebräuchliche essentialisierende Strategie in der Begegnungsgeschichte von europäischen Gesellschaften und dem »eingeborenen Anderen«. Der Dalai Lama und andere prominente Unterstützer übernehmen oftmals genau diese Form des Umweltdeterminismus. In ihren Publikationen wird die als grundlegend umweltbewußt betrachtete tibetische Kultur und Religiosität ausdrücklich als Produkt der »einzigartigen« natürlichen Umwelt des tibetischen Hochplateaus, dargestellt.²³ Verweise auf den »Primitivismus« sind nur ein weiterer, häufig verwendeter Stil des sogenannten »Grünen Orientaiismus« westlicher Autoren, der sich mittlerweile in diesen tibetischen identitätsbehauptungen findet.²⁴

Kulturelle Identität und transnationale Institutionen

Die Genealogien des Essentialismus in antikolonialer Literatur, Reiseberichten und gegenwärtigen exiltibetischen Selbstbildern müssen innerhalb eines wesentlich weiteren und komplexeren Bezugsrahmens betrachtet werden, nämlich dem der langen Geschichte des Kontaktes zwischen dem Europa nach der Aufklärung und dem Rest der Welt. Hier ist das Aufkommen und die Entwicklung der westlichen Vorstellungen von »Kultur« und deren Einfluß auf nicht-westliche Völker während des Kontaktprozesses von größter Bedeutung. Auf diesen Punkt beziehen sich alle modernen tibetischen Identitätskonstruktionen. Daher sollte man den gesamten Prozeß der Bildung neuer tibetischer Selbstbilder im Kontext einer Unmenge vorausgegangener Kontaktsituationen zwischen dem Westen und dem (immer wieder unterschiedlich vorgestellten) »Anderen« sehen. Im 20. Jahrhundert ist das Kulturkonzept für nach dem Kontakt erfolgte Identitätsvorstellungen beider Parteien von zentraler Bedeutung. Dabei sind die verschiedenen Ideen von »Kultur« als Schlüssel für die Konstruktion und die Festlegung von Unterschieden anzusehen.

Es dürfte hier von Nutzen sein, über nativistische Bewegungen nachzudenken, wie sie Ralph Linton in den 40er Jahren untersuchte. Nativismus läßt sich nach Linton als »bewußter, organisierter« Versuch bezeichnen, ausgewählte Aspekte einer Kultur fortzuführen. Dies geht nur, wenn man sich seiner Kultur als einer einzigartigen unter anderen Kulturen bewußt ist, d.h. in der Kontaktsituation. Nativistische Bewegungen scheinen nur als Reaktion auf bestimmte Bedingungen zu entstehen, und zwar besonders dann, wenn eine Gruppe politisch und ökonomisch unterdrückt wird.²⁵ Das ist bei den modernen Tibetern der Fall. In der durch das Exil entstandenen Kontaktsituation haben die Tibeter gelernt, bestimmte Konzepte von »Kultur« zusammenhängend auszudrücken, und sie haben während dieses Prozesses eine ganze Reihe von Darstellungsstilen und -Strategien gesammelt. Es dauerte einige Zeit, bis die als gegeben betrachteten Sitten, Praktiken, Gewohnheiten und Regeln ausgewählt worden waren, um dann wortreich als »einzigartige tibetische Kultur« objektiviert zu werden. In der Mitte der 8oer Jahre war es schließlich so weit, daß die ersten ausgereiften Früchte dieses Prozesses in Form einer modernen, liberalen, neuerfundenen Vorstellung einer Shangri-La-Identität zum Vorschein kamen.

Wie ich bereits oben angedeutet habe, besteht eine enge Verbindung zwischen dem Erscheinen neuer Exilidentitäten und der tibetischen Beteiligung an einem internationalen institutionellen Bezugsrahmen. Erst nach dieser Teilnahme und nachdem man Zugang zu den dadurch eröffneten Ressourcen gewonnen hatte, begann man damit, spezifische Vorstellungen einer einzigartigen tibetischen Kultur auf Identitätskonstruktionen anzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt kam es zum ersten Mal zur Bildung reflexiver, politisierter Identitäten: Gewaltfreie, pazifistische Tibeter gingen aus der Vereinigung International Buddhists for World Peace hervor, umweltfreundliche Tibeter erwuchsen aus dem neuen Ökologiebewußtsein der Weltreligionen, und aus der feministischen Kritik entstand das Bild einer tibetischen Gesellschaft, in der Männer und Frauen gleichberechtigt waren.

Auch hier ermöglicht uns ein kurzer Blick auf die weitentwickelte umweltbewußte Identitätsprojektion der Tibeter ein besseres Verständnis dieses Prozesses. Aufbauend auf den zunehmenden Verbindungen zwischen der Ökologiebewegung und den Weltreligionen in den 6oer und 70er Jahren entstand ein neuer Diskurs, der Religion auf wirkungsvolle Art mit Umweltbewußtsein verband. Dies wurde als »religiöses, ökologisches Paradigma«²⁶ bezeichnet und die Gründung eines internationalen institutionellen Netzwerkes ermöglichte vielen Gruppen, darunter auch den Exiltibetern, Zugang dazu. Die Tibeter hinkten anderen unterdrückten oder kolonialisierten Völkern hinterher, die sich schon früher selbstreflexiv als umweltbewußt darstellten. Ab dem Jahre 1985 jedoch begann die Dharamsala-Elite, an den stetig wachsenden transnationalen Institutionen des religiösen und umweltbezogenen Netzwerkes teilzunehmen. Innerhalb von nur zwei Jahren trat Dharamsala dem Global Forum of Spiritual and Parliamentary Leaders on Human Survival, dem vom World Wildlife Fund finanzierten Projekt Buddhist Perception of Nature, dem World Environment Day und dem interreligiösen Treffen von Assisi über Weltreligionen und Umwelt bei. Direkt danach gingen die ersten essentiell umweltbezogenen tibetischen Identitätskonstruktionen in die Presse.²⁷

Diese institutionalisierte Hauptrichtung neuer Identitätsbilder birgt eine wesentliche Ironie in sich: Indem die Tibeter an die verbreitetste aller zeitgenössischen liberalen Darstellungsformen appellierten, ging genau die Einzigartigkeit, die sie ständig für sich in Anspruch nehmen, wieder verloren. Seit z.B. die Ökologiebewegung der späten 60er Jahre die ersten »ökologischen (nordamerikanischen) Indianer« erschuf,²⁸ sind Hunderte solcher Identitätsbilder vom In-Harmonie-mit-der-Natur-leben erschienen. Die Tibeter haben sich somit einer wachsenden Liste angeschlossen, die neben Regenwaldbewohnern des Amazonasbeckens, Polynesiern, australischen Aborigines, nord­amerikanischen Indianern, usw., mittlerweile auch lokale und transnationale Wirtschafts- und Industriebetriebe, politische Parteien und Politiker, Weltreligionen und viele andere soziale Bewegungen umfaßt. Folglich wird dem Betrachter klar, daß solche liberalen Identitätsvorstellungen nicht zuletzt dem eigenen Nutzen dienen. Sie sind nicht länger ein Zeichen einer Verpflichtung zum Schutz der Natur, zu Gewaltlosigkeit, Gleichheit, etc., sondern vielmehr eine spezielle Form der Selbstvermarktung. Sie haben viel zu tun mit der strategischen Plazierung bei der Beschaffung von sozialen, ökonomischen und politischen Vorteilen und Ressourcen im heutigen Weltsystem. Da überrascht es nicht, daß viele dieser Identitätsdarstellungen mittlerweile angefochten werden.

Dieses hier nur kurz eingeführte Thema auch nur annähernd in einem ihm gerecht werdenden Umfang darzustellen, würde den Rahmen dieser Arbeit weit überschreiten. Ein ebenfalls sehr interessantes, eng verwandtes Thema ist die Art, wie diese neuen tibetischen Identitätsbilder in alle möglichen Formen von größeren Texten umgesetzt und dann in lokalen und globalen IViedien und Informationsnetzwerken weiterverbreitet werden. Ich habe an anderer Stelle darauf hingewiesen, daß das Department for Information and International Relations der tibetischen Exilregierung derzeit das Zentrum solcher Aktivitäten ist.²⁹ Es ist bezeichnend, daß viele dieser Identitätsbilder zuerst in verschiedenen englischsprachigen Texten erschienen waren, bevor sie auch in tibetischen Versionen verbreitet wurden.³⁰ Dies macht ihr eigentliches Zielpublikum und ihren Zweck klar: Sie sind ein auf den Westen gerichtetes Mittel zur Selbstvermarktung und eine Waffe in dem laufenden Propagandakrieg gegen den kolonialistischen chinesischen Staat.

Die Tibeter und das moderne, liberale Shangri-La

Zum Abschluß möchte ich noch einige Gedanken zur Bedeutung dieser neuen Identitätsvorstellungen für die Exiltibeter darlegen: Die tibetischen Flüchtlinge waren anfangs nicht die beabsichtigten Konsumenten dieser Identitäten, aber seitdem diese verstärkt auch in den von der Exilregierung kontrollierten, tibetischsprachigen Medien auftauchen, sind auch Tibetern ihnen wesentlich häufiger ausgesetzt. Meiner Ansicht nach spielen sie dennoch unter Tibetern keine wesentliche Rolle – mit Ausnahme eines sehr kleinen Kreises meist junger, gebildeter und ausgesprochen kosmopolitischer Tibeter des Typs, mit dem Europäer und Amerikaner am ehesten in Kontakt treten. Die Mehrheit der Flüchtlinge, die Teppichknüpfer, Landarbeiter, Pulloververkäufer, kleinen Händler, Mechaniker und die vielen nicht oder kaum des Lesens kundigen Exiltibeter in Indien und Nepal haben meines Wissen wenig Kenntnis von und auch wenig Interesse an diesen aus Dharamsala stammenden neuen Identitätsbildern. Ihre Identitätsvorstellungen sind immer noch häufig in der festgefahrenen internen Politik von regionalen und Sektenzugehörigkeiten gefangen. Es ist ihnen wesentlich geläufiger, sich mit ihren indischen oder nepalischen Nachbarn zu vergleichen, mit denen sie täglich zu tun haben, als gegenüber der Welt einem politisch korrekten, liberalen Image gerecht zu werden. Diese Situation könnte sich im Laufe der Zeit jedoch etwas ändern, wenn die Exilelite ihre ökologischen, gewaltfreien und die Geschlechter gleich berechtigenden Identitätsbilder weiterhin in der tibetischen Exilgemeinschaft verbreitet, und falls die Mehrheit der Flüchtlinge zunehmend mobil und kosmopolitisch wird.

In vielen Fällen scheinen neue exiltibetische Identitätsvorstellungen nur ein anderes Mittel zu sein, mittels dessen die Exilregierung auch in Zukunft eine kritische Geschichtsschreibung verhindern kann. Heather Stoddard stellte kürzlich fest, daß

eine beträchtliche Anzahl neuer tibetischsprachiger Bücher … [durch die Exilregierung] zensiert oder ihre Publikation verhindert wurde, da sie nicht mit den gewünschten Vorstellungen von der traditionellen tibetischen Gesellschaft übereinstimmen. Jede ernsthafte Diskussion der Geschichte und möglicher Schwächen der Gesellschaft vor 1959 ist tabu.³¹

Diese Art von Zensur wirkt in dem gesamten Identitätsbildungsprozeß. Ich habe an anderer Stelle ausgeführt, wie zum Beispiel herausragende Exilautoren auf die Verzerrung von Geschichte und die Auslassung negativer Fakten angewiesen sind, damit sie umweltbewußte tibetische Identitätsvorstellungen erschaffen können.³² In Bezug auf neue tibetische pazifistische Identitätsvorstellungen hat Jamyang Norbu beschrieben, wie im Exil ein Mangel an Hinterfragung und Erforschung die tibetische Widerstandsbewegung der 50er Jahre betreffend der Exilregierung die Möglichkeit gab,

… die Geschichte erfolgreich umzuschreiben … und die Fiktion aufzubauen, der Widerstand sei gewaltlos gewesen. Obwohl viele Freunde Tibets diese Geschichte ohne Zögern übernehmen, ist sie ganz einfach falsch.³³

Norbus einsichtsvolle Bemerkungen zu diesem Thema fassen meine eigenen Beobachtungen über die Politik von Dharamsalas Identitätsindustrie perfekt zusammen:

Tibetische Beamte, buddhistische Anhänger, westliche Unterstützer und Intellektuelle … empfinden die Widerstandsbewegung als Störung, … denn sie lenkt in gewissem Sinne von dem vorgezogenen, friedliebenden Image Tibets als Shangri-La ab.³⁴

Es ist schwer zu sagen, wie lange das Image von Tibet als einem Shangri-La dem Zweck der heutigen Dharamsala-Elite noch dienlich sein wird. Der französische Philosoph Antoine Cournot bemerkte einmal, daß »… wir Schwierigkeiten nicht lösen, sondern nur verlagern.«³⁵ Wie alle Eliten, die am Aufbau einer Nation arbeiten, scheint auch die tibetische Exilregierung zu entdecken, daß die Leichen unerwünschter Identitätsvorstellungen und unbequeme Aspekte der Geschichte, die sie im Schrank versteckt hat, früher oder später als Spukgespenst wieder zum Vorschein kommen werden.  ■


Anmerkungen

¹ Ich danke Peter H. Hansen, Donald S. Lopez und Poul Pedersen für ihre hilfreichen Kommentare zu früheren Versionen dieser Arbeit. Außerdem danke ich einigen unbekannten Teilnehmern der Konferenz »Mythos Tibet«, die mir bei der ersten öffentlichen Präsentation des vorliegenden Aufsatzes im Mai 1996 in Bonn wertvolle Anregungen gaben. Autor und Herausgeber danken Mona Schrempf für ihre Hilfe bei der deutschen Übersetzung.

² Siehe z.B. Adams interessante Studie zur Darstellung der Sherpas in Nepal (Adams 1996).

³ Die Ergebnisse des Kontaktes mit der modernen westlichen Welt seit Anfang des 20. Jahrhunderts, als britische koloniale Diplomaten und andere damit begannen, die tibetische politische und religiöse Elite in Zentraltibet zu umwerben, stellen mit Sicherheit einen bis zum Beginn der Diaspora zwar sehr begrenzten, aber dennoch sehr wirksamen Aspekt der tibetischen Selbstdarstellungsweise dar. Dazu, wie die Darstellung Tibets durch andere das tibetische Selbstbild beeinflußt haben könnten, siehe Lopez 1995; 1996 sowie die Aufsätze von Peter Hansen und Alex McKay in diesem Band.

⁴ Siehe Appadurai 1991.

⁵ Zu einer detaillierten Untersuchung der neuen exiltibetischen ökologischen Vorstellungen siehe Huber, im Druck.

Der Tagesspiegel, 6.7.1995: 3.

⁷ Zu verschiedenen anderen englischen und tibetischen Versionen vgl. die relevanten Passagen in Anon. 1994: 7; Atisha 1995; Department of Information and International Relations 1992: Abschnitt 1.9; Geshe Damdul Namgyal 1994: 29; Rowell 1990a: 11; Vigoda 1991; sowie Yu-thok 1992.

⁸ Yuthok 1992: 1.

⁹ Editor's Introduction 1994.

¹⁰ Atisha 1991: 9.

¹¹ Dalai Lama 1990b: 81; vgl. Abbildung 16 und die entsprechende Bildunterschrift in Adams 1996: 162 zu einer Verbindung zwischen dieser Art von Darstellungen und solchen, die aus dem Westen stammen, aber von zeitgenössischen Tibetern aufgegriffen werden.

¹² Zur New Age-Bewegung und Tibet siehe Lopez 1994 sowie Koroms Aufsatz in diesem Band.

¹³ Bechert 1984: 175-277.

¹⁴ Siehe Harris 1991: 110f; vgl. Samartha & de Silva 1979 über das intellektuelle Interesse an Buddhismus und Natur in den 70er Jahren.

¹⁵ Bechert 1984: 284

¹⁶ Bechert 1984: 285.

¹⁷ Norbu 1994: 193.

¹⁸ Breckenridge & van der Veer 1993.

¹⁹ Abu Lughod 1991: 144.

²⁰ Stoddard 1994: 154. Gandhis Werke waren natürlich für verschiedenste Bewegungen von großer Bedeutung. Zu Gandhi in Beziehung zu den Verbindungen zwischen Buddhismus und der Umweltbewegung siehe Kantowsky 1980; Macy 1985; Kvaloy 1987; siehe auch Ariyaratne & Macy 1992 zu der Sarvodaya-Bewegung in Sri Lanka.

²¹ Siehe z.B. Dalai L.ima 1990b: 80; Dalai Lama 1983: 224.

²² Shakya 1994: 4; vgl.  Bishop 1989.

²³ Siehe Dalai Lama 1990b: 187; vgl. Rowell 1990: 11.

²⁴ Siehe Lohmann 1993; Huber, im Druck; vgl. Ellen 1986; Sackett 1991

²⁵ Siehe Linton 1943.

²⁶ Pederson 1995.

²⁷ Siehe Huber, im Druck.

²⁸ Siehe Martin 1978: 157; vgl. Vecsey 1980.

²⁹ Siehe Huber, im Druck.

³⁰ Zu der Bevorzugung der englischen Sprache durch Exiltibeter vgl. Stoddard 1994: 150, 153.

³¹ Stoddard 1994: 152. Das immer wiederkehrende Problem der Entwicklung einer exiltibetischen »freien Presse« als Gegenstimme zu den von der Regierung kontrollierten Printmedien ist ein weiterer Beleg für die bestehende Intoleranz und Zensur. Die einzige unabhängige tibetischsprachige Zeitschrift, dMang-gtso aus Dharamsala, musste Anfang 1996, gerade als ihre Verbreitung stark zu steigen begann, ihr Erscheinen einstellen. In einem offenen Brief an westliche Abonnenten machten die Herausgeber von dMang-gtso ausdrücklich starken bezeichneten Druck und Belästigungen seitens Mitgliedern der Exilregierung als Grund für die Einstellung der Publikation.

³² Huber, im Druck.

³³ Norbu 1994: 188.

³⁴ Norbu 1994: 195f.

³⁵ Zitiert nach Kapuscinski 1994: 115.

TONI HUBER ist Professor an der Humboldt Universität Berlin. Seine Lehr- und Forschungsgebiete sind Ethnologie und Kulturgeschichte Tibets und des Himalayagebietes.

© 1997 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH, Bonn, und Thierry Dodin und Heinz Räther

Dieser Artikel wurde in »Mythos Tibet. Wahrnehmungen, Projektionen, Phantasien« / hrsg. von der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Zusammenarbeit mit Thierry Dodin und Heinz Räther veröffentlicht; Köln: DuMont, 1997, ISBN 3-7701-4044-3, S. 300-312.

Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland und Thierry Dodin.

Ornament

Titel- und Hintergrundbild: © Michael A. Himalaya range, Sidhpur, Dharamsala, Indien, 2014.

»Mythos Tibet. Wahrnehmungen, Projektionen, Phantasien« basiert auf dem gleichnamigen Symposium, das im Mai 1996 in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Forum der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden hat. Das Symposium wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.

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